Zum Inhalt springen
  • 18.06.2024

Was ist Kulturgeragogik? Radiointerview mit Almuth Fricke

Die Journalistin Jutta Hölscher hat mit kubia-Leiterin Almuth Fricke über Kulturgeragogik und den im Herbst beginnenden berufsbegleitenden Zertifikatskurs zu diesem Thema gesprochen. Das Interview wurde im Bürgerfunk auf Radio Köln ausgestrahlt und steht als Podcast zum Nachhören bereit.

In dem Interview geht es allgemein um die Bedeutung der Kulturellen Bildung im Alter. Außerdem beschreibt Almuth Fricke das Curriculum des Zertifikatskurses „Kulturgeragogik“, den kubia vor über zehn Jahren mit begründet hat. Diesen einjährigen Kurs bietet kubia gemeinsam mit dem Kölner Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung an.

Podcast

„Kulturgeragogik bei kubia“ (mp3) – Jutta Hölscher für die evangelische Radiowerkstatt Studio ECK, Bürgerfunk auf Radio Köln (20.06.2024)

Transkript des Podcasts „Kulturgeragogik bei kubia“ – Jutta Hölscher für die evangelische Radiowerkstatt StudioECK, Bürgerfunk auf Radio Köln (20.06.2024)

Moderator: Jetzt ist es Zeit, neue Worte zu lernen. Das erste heißt kubia, eine Abkürzung für „Kompetenzzentrum für Kulturelle Bildung im Alter und inklusive Kultur“. Eine Einrichtung auf dem Clouth-Gelände in Nippes. Sie unterstützt Akteure der kulturellen und sozialen Arbeit dabei, altersfreundliche und inklusive Kulturangebote zu entwickeln und auch anzubieten. Gefördert wird sie vom Kulturministerium NRW und seit 2011 gibt es einen einjährigen Zertifikatskurs Kulturgeragogik. Dieses Wort und die Arbeit von kubia klärt Jutta Hölscher mit Almuth Fricke, der Leiterin von kubia.

Jutta Hölscher: Der Begriff Geragogik bezieht sich auf das altgriechische Wort „Geron“ für „Greis“ und bedeutet auf Deutsch: die Weiterbildung von älteren Menschen. Als Disziplin hat sie sich in den 1960er Jahren entwickelt, weil sich im Laufe des Lebens das Bedürfnis und die Motivation, etwas zu lernen, verändert.

Almuth Fricke: Im Alter, wo Beruflichkeit wegfällt und man quasi so einen neuen Lebensabschnitt beginnt mit viel freier Zeit, dann hat man vielleicht auch noch mal so einen Aufbruch und auch noch so ganz neue Anlässe, aber auch Wünsche und Bedürfnisse, etwas zu lernen.

Jutta Hölscher: Die Kulturgeragogik bezieht das Ganze auf die Kulturelle Bildung im Alter und bezieht zum Beispiel auch körperliche und geistige Einschränkungen mit in ihre Konzepte ein. Denn kulturelle Aktivitäten sind auch für Ältere ein wichtiger Schlüssel zu sozialer Teilhabe, zu Lebensqualität und Zufriedenheit. Inzwischen ist zum Beispiel sehr gut erforscht, welche positiven Auswirkungen musikalische Teilhabe bei Menschen mit Demenz hat. Ein anderes Beispiel ist, dass auch mit einer Parkinson-Erkrankung oder mit Gelenkproblemen Tanzen zum Wohlbefinden beiträgt.

Almuth Fricke: Bewegung ist einfach ein Schlüssel auch zum guten Altwerden, aber auch eine sinnvolle Bewegung, also künstlerisch dann eingebettet, ist es noch viel mehr. Dann hat das nämlich immer noch diese Sinn-Komponente.

Jutta Hölscher: Almuth Fricke hat Kulturmanagement und Literatur studiert und leitet kubia seit 2008. Den einjährigen Zertifikatskurs Kulturgeragogik hat sie mitentwickelt, um Menschen, die schon in der Kulturellen Bildung sind oder im sozialen Bereich arbeiten, eine zusätzliche Qualifikation anzubieten. Die dauert ein Jahr und besteht aus sechs Modulen: Zwei ganze Wochen und vier Wochenenden. Zunächst geht es um Grundlagen, …

Almuth Fricke: … wo man was lernt über Gerontologie, über die Einschränkungen im Alter, Geriatrie, wo man sehr viel lernt über Geragogik, über intergenerationelles Lernen, über Generationenbeziehungen, über Altersbilder und wie die uns beeinflussen.

Jutta Hölscher: Später kommen die künstlerischen Komponenten hinzu.

Almuth Fricke: Man lernt sehr, sehr viel über Methoden, also wie biografisches Arbeiten mit künstlerischen Methoden kombiniert in der Altenarbeit eingesetzt werden kann. Oder man lernt auch was zu Themen wie Inklusion und Barrierefreiheit, also wie schaffe ich es, auch Angebote zu entwickeln für ältere Menschen, die so inklusiv sind, dass alle ohne Schwierigkeiten teilnehmen können.

Jutta Hölscher: Zum Abschluss werden Kenntnisse im Bereich Projektmanagement vermittelt und den krönenden Abschluss bildet ein eigenes Praxisprojekt, das dann auch noch im Plenum ausgewertet und diskutiert wird. Welches persönliche Praxisprojekt würde Almut Fricke gerne einmal umsetzen?

Almuth Fricke: Also ich würde, glaube ich, sehr gerne was zur Literaturvermittlung machen und dann auch noch mal gucken: Also wie kann man das über diesen üblichen Lesekreis hinaus einfach interaktiver gestalten? Welche Methoden gibt es da zum Beispiel zum biographischen Schreiben und wie kann ich auch persönliche Erfahrungen damit verknüpfen mit dem, was man liest, und das auch gut didaktisch, methodisch aufbauen.

Jutta Hölscher:  Gerade in der Biografiearbeit geht es in der Geragogik darum, die Lebenserfahrungen der älteren Menschen zu nutzen.

Almuth Fricke: Wir wissen zum Beispiel, dass unsere Gehirnleistung ab 30, was die Schnelligkeit betrifft, abnimmt, aber dass sich andere Fähigkeiten einfach durch die Möglichkeit der Ansammlung und der Kombination von Wissen, dass das sich einfach verbessert und dass man im Alter einfach aufgrund seines Erfahrungswissens auch viel besser Verknüpfungen herstellen kann. Vielleicht manchmal nicht mehr so schnell, aber dafür tiefgehender.

Jutta Hölscher: kubia setzt sich dafür ein, dass das Berufsfeld des Kulturgeragogen bekannter wird und sich mehr etabliert. Denn in unseren sich schnell wandelnden Zeiten, gerade auch im technischen Bereich, kann niemand mehr mit 65 Jahren sagen: „Ich lerne jetzt nichts mehr“. Leider gibt es aber gerade in den Seniorenheimen immer weniger finanzielle Mittel und Personal, um kulturelle Projekte umzusetzen. Das ist auch deshalb sehr bedauerlich, weil Studien nicht nur den positiven Einfluss auf die Bewohner zeigen, …

Almuth Fricke: … sondern vor vor allen Dingen auch auf die Mitarbeitenden, also dass es nicht immer nur Therapie oder Heilung geht, sondern dass es darum geht, durch Lernen, durch kulturelle Teilhabe und Aktivität einfach auch mehr Wohlbefinden zu haben und ein positiveren Blick auf das eigene Alter.

Jutta Hölscher: Diesen Blick wünscht sich Almuth Fricke auch von der Gesellschaft auf ältere Menschen und ihre Potenziale.

Almuth Fricke: Das heißt nicht, dass die Alten jetzt alles wuppen sollen und, bis sie umfallen, arbeiten sollen, aber dass man einfach noch mal Altersbilder revidiert oder realistischer anschaut und nicht irgendwie immer nur: Das Alter sind nur Verluste oder die Alten können ja jetzt alles ehrenamtlich machen. Also das ist so ein Dazwischen gibt gibt und einen Blick auf ältere Menschen, der wirklich ihrer Wirklichkeit entspricht.

Moderator: Der Zertifikatskurs Kulturgeragogik ist einzigartig in Europa. Die diesjährige Fortbildung beginnt im Oktober. Sie ist zwar ausgebucht, aber es gibt eine Warteliste. Interessenten können sich bei kubia beraten lassen oder ein eigenes Projekt fördern lassen oder sich das kostenlose Magazin Kulturräume+ besorgen. Die Links dazu finden Sie bei uns unter studioeck.de.

Weitere aktuelle Nachrichten von kubia:

Eine Gruppe von Menschen, die auf einer Wiese vor einem Gebäude steht.
  • 23.10.2024

Zertifikatskurs Kulturgeragogik: Kurs 11 ist gestartet

Mit einer Intensivwoche ist der 11. Zertifikatskurs Kulturgeragogik am 21. Oktober 2024 an der Akademie der Kulturellen Bildung in Remscheid gestartet. Eine Bewerbung für den nächsten Kurs, der im Oktober 2025 starten wird, ist ab sofort möglich.

Foto einer Gruppe von Menschen, die eine ältere Frau in die Luft heben, mit dem Schriftzug „7. Fachtagung Kunst- und Kulturgeragogik“ darauf.
  • 10.10.2024

Kooperativ! Qualitäten von multiprofessioneller Zusammenarbeit in der Kunst- und Kulturgeragogik

Die Zusammenarbeit über verschiedene Bereiche hinweg ist oft wie eine Reise zu einem anderen Stern. Dort wird in einer anderen Logik gedacht, eine andere Sprache gesprochen und es gelten andere Regeln. Am 7. November 2024 in Münster soll herausgearbeitet werden, wie diese Herausforderungen zugunsten einer guten kunst- und kulturgeragogischen Praxis bewältigt werden können.

Grafik mit einer Person mit kurzen Armen neben einer Person im E-Rollstuhl, die einander anschauen.
  • 09.10.2024

Basiswissen Barrierefreiheit: Erfolgreiche Fortbildungsreihe geht weiter

Gemeinsam mit unterschiedlichen Gästen geben die kubia-Mitarbeiter*innen Isabell Rosenberg und Christoph Brammertz 2025 in insgesamt fünf Online-Veranstaltungen Tipps zur Analyse, Planung und Umsetzung von Barrierefreiheit in Kunst und Kultur. Zielgruppe der kostenfreien Veranstaltungen sind Mitarbeiter*innen von Kultureinrichtungen und Akteur*innen der Freien Szene aller künstlerischen Sparten sowie alle Interessierten.

Grafik zu einer Nachrichten
  • 02.10.2024

In eigener Sache: Personalwechsel im Bereich inklusive Kultur

Nach mehr als acht Jahren bei kubia hat Annette Ziegert unser Team Ende September dieses Jahres verlassen. Ihre Aufgaben übernimmt ab 1. Oktober 2024 Christoph Brammertz, der seit Anfang 2022 bei kubia als Referent für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit tätig ist.

Logo von Makura – Portal Kulturelle Bildung
  • 16.08.2024

„kubia leistet Pionierarbeit“ – Interview zur Arbeit von kubia auf dem Online-Portal Makura

Auf dem Portal für Kulturelle Bildung der Kulturstiftung der Länder stellen Almuth Fricke und Isabell Rosenberg die Arbeit von kubia vor. Ein aktueller Themenschwerpunkt widmet sich der Frage, wie kulturelle Teilhabe für mehr Menschen möglich werden kann.

Eine ältere Frau in einem gelben Ballett-Kleid steht auf einem Tisch, an dem weitere Personen sitzen. Sie blickt nach rwchts oben. Dorthin wurde das Logo des Fonds Kulturelle Bildung im Alter montiert.
  • 15.08.2024

Fonds Kulturelle Bildung im Alter: Bewerbungen bis 30.09. einreichen!

Noch bis Ende des Monats sind Bewerbungen für eine Förderung aus dem Fonds Kulturelle Bildung im Alter im Jahr 2025 möglich. Aus dem Fonds fördert kubia Projekte der Kulturellen Bildung, die älteren Menschen künstlerisch-kreative Aktivitäten und kulturelle Teilhabe ermöglichen.

Eine Gruppe von Menschen, die die Hände heben und eine ältere Frau in die Luft heben
  • 19.06.2024

Fachtagung: Wie gelingt multiprofessionelle Zusammenarbeit in der Kunst- und Kulturgeragogik?

Kooperationen von Kunst- und Kulturgeragog*innen mit Bildungs-, Pflege- und Sozialeinrichtungen sind Alltag in der Kulturellen Bildungsarbeit mit Älteren. Sie gelingen jedoch nicht immer. Die 7. Fachtagung Kunst- und Kulturgeragogik am 7. November in Münster nimmt deshalb in den Blick, was gute Kooperationen ausmacht.

Zwei ältere, sich küssende Frauen
  • 15.05.2024

Fonds Kulturelle Bildung im Alter ausgeschrieben

kubia fördert Projekte der Kulturellen Bildung, die älteren Menschen künstlerisch-kreative Aktivitäten und kulturelle Teilhabe ermöglichen. Der Förderschwerpunkt lautet „Geschlechterrollen in Bewegung“. Einsendeschluss für Bewerbungen ist der 30. September 2024.

Zwei ältere, sich küssende Frauen
  • 12.05.2024

Fonds Kulturelle Bildung im Alter: Konzeptlabor zum Thema „Geschlechterrollen in Bewegung“

Aus dem Fonds Kulturelle Bildung im Alter fördert kubia auch 2025 wieder Kulturprojekte, die älteren Menschen die aktive Teilhabe am kulturellen Leben ermöglichen. In diesem Jahr lautet das Schwerpunktthema „Geschlechterrollen in Bewegung“. Ein Online-Konzeptlabor am 26. Juni bietet die Gelegenheit, sich Anregungen zu holen und sich über Projektideen auszutauschen.

Das Cover des kubia-Magazin-Ausgabe 26 mit einem Foto, das eine ältere Frau zeigt, die ein grünes langes Kleid trägt und von Blumen und Pflanzen umrankt ist, welche aus Textilmaterial gefertigt wurden.
  • 22.04.2024

Vom Altweibersommer zu Queer Ageing – 26. Ausgabe der Kulturräume+ erschienen

Das Leben vieler, heute älterer Frauen wurde von den Erfolgen und Rückschlägen der Frauenbewegung seit den 1970er Jahren beeinflusst. Die neue Ausgabe des kubia-Magazins Kulturräume+ widmet sich diesen Frauen der 68er- und der Boomer-Generation. Kulturräume+ können Sie als barrierefreies PDF herunterladen oder kostenfrei bei uns bestellen.

Noch Fragen?

Wenden Sie sich gerne an unsere Online-Redaktion!

Ansprechpartner

Porträt von Christoph Brammertz im gelben Pullover vor blauem Hintergrund

Christoph Brammertz

Ansprechpartnerin

Porträt von Susanne Lenz in grün-grauem ärmellosen Oberteil vor orange-farbenem Hintergrund

Susanne Lenz