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  • Interview

Kunst- und Kulturerleben kennt keine Altersgrenzen – Ein Gespräch mit Prof. Ursula Lehr zur Bedeutung von Kreativität im Alter

von Magdalena Skorupa

Welche Altersbilder werden in unserer Gesellschaft vermittelt? Und wie beeinflussen sie unsere Wahrnehmung? Welche Auswirkungen hat ein negatives Altersbild auf unser Selbstbild?

Während es im letzten Jahrhundert einseitig negativ getönte Altersbilder waren, setzen sich immer mehr auch positivere Altersbilder durch. Der alte Mensch ist nicht nur der Hinfällige, Pflegebedürftige, sondern auch der Kompetente, Erfahrene. Wir wissen, heute, dass es viele Alternsformen gibt und dass Alter nicht nur Abbau und Verlust bedeutet, sondern auch Chance und Gewinn. Wir müssen „Alter neu denken“, wobei die Anzahl der Lebensjahre kein Kriterium ist. An Jahren Gleichaltrige können extrem unterschiedlich sein, denn Alter ist stets das Ergebnis einer eigenen Lebensgeschichte mit ureigenen Erlebnissen und Erfahrungen.

Warum ist Kreativität so wichtig, um der Herausforderung des Alterns neu zu begegnen? Lässt sie uns kompetenter altern?

Die Herausforderungen auch im siebten, achten oder neunten Lebensjahrzehnt und darüber hinaus sind sehr vielseitig und es gilt, flexibel darauf zu antworten. Es gilt, neue Wege zu finden, um mit etwaigen Einschränkungen fertig zu werden, aber auch, um die noch verbliebenen – oder sogar hinzugewonnenen – Möglichkeiten zu nutzen. Manch einer, der nach einem Schlaganfall sich nicht mehr so klar verbal ausdrücken kann, entdeckt plötzlich das Malen. Mit dem Pinsel kann er Stimmungen, Wünsche, Emotionen wiedergeben.

Wie äußert sich Kreativität im Alter? Und wo liegen ihre Potenziale?

Kreativität im Alter ist sehr vielseitig; oft muss sie erst geweckt werden. Viele Ältere trauen sich gar nicht zu malen, zu töpfern, zu dichten, zu schauspielern, zu komponieren oder auch zu singen. Sie ahnen gar nicht, was in ihnen steckt. Hier heißt es: die Möglichkeiten, die verborgenen Potenziale zu ergründen und dann zu fördern.

Das Alter hat viele Gesichter. Wie kann eine so heterogene Gruppe, wie die der Älteren, motiviert werden, kreative Angebote in ihrer Umgebung wahrzunehmen?

Am besten durch persönliche Ansprache. Manch einer wird auch durch Berichte der Medien motiviert werden, entsprechende Veranstaltungen zu besuchen – wenn sich nicht zu viele Barrieren auftun. Die Barrieren – z.B. zu einem Theaterbesuch oder einem Veranstaltungsort – sind oft ganz vordergründig: ungünstige Zeiten (Furcht vor Dunkelheit), schwere Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln; schwierige Parkplatzsuche. Es sind manchmal auch Barrieren im Veranstaltungsbau selbst (Treppen ohne Geländer), unbequeme Sitzplätze, fehlendes oder ungünstig gelegenes WC.  Hier gilt es: erlebte Barrieren zu ergründen und abzubauen und Motivationen zu stärken.

 Was ist ihre Vision für ein kreatives Altern?

Kreativität auch bei älteren Menschen wird immer mehr geweckt werden; wir brauchen vielseitige Angebote, die anregen, stimulieren, motivieren. Kunstschaffen, Kunst- und Kulturerleben kennt keine Altersgrenzen!

Erischienen in:

Cover der Kulturräume+ 1/2011. Foto von Bettina Flitner. Ältere Dame in einem weißen Malerkittel mit Farbflecken und Pinseln in der Hand
  • Magazin
  • 2011

Kulturgeragogik – Lebenskunst im Alter

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